Werdet politischer!

Heinz-Paul Bonn • 22. April 2024

Es ist der ganz große Auftritt von Mario Adorf als Fabrikant Heinrich Haffenloher in der wunderbaren TV-Serie „Kir Royal“ um den Münchner Klatschkolumnisten Baby Schimmerlos: „Ich kauf dich einfach. Ich kauf dir ´ne Villa, da stell ich dir dann noch ´nen Ferrari davor. Deinem Weib schick ich jeden Tag ´nen Fünfkaräter. Ich schieb es dir hinten und vorne rein. Ich scheiss´ dich sowas von zu mit meinem Geld, dass du keine ruhige Minute mehr hast. Ich schick dir jeden Tag Cash – im Koffer. Das schickste zurück – einmal, zweimal, vielleicht sogar ´n drittes Mal. Aber ich schick´ dir jedes Mal mehr... und irgendwann kommt dann nun einmal der Punkt, da biste so mürbe und so fertig und die Versuchung ist so groß, dann nimmstes. Und dann hab´ ich dich. Dann gehörste mir. Dann biste mein Knecht. Dann mach´ ich mit dir watt ich will.“ (Nachzuhören unter diesem Link.)

Dieses Bild wird auch heute noch gerne im Vorabendprogramm der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender bemüht, wenn es um die politische Einflussnahme von Unternehmerinnen und Unternehmern geht. Doch die Mär vom die eigenen Interessen verfolgenden Firmen-Clan wird durch ständige Wiederholung nicht zutreffender. Im aktuellen Deutschen Bundestag sind 51 der 735 Abgeordneten Firmenchefs oder –chefinnen. Im Vorgängerparlament waren es noch 76 von 709 Abgeordneten. Nicht eingerechnet sind Selbständige wie Rechtsanwälte oder Ärzte. In den kommunalen Parlamenten – in Städte- und Gemeinderäten, in den Kreis- und Landtagen – sieht die Beteiligung nicht besser aus. Dennoch überlebt das Bild vom ewig mauschelnden und klüngelnden, in jedem Fall seine Interessen wahrenden „Strippenzieher“.

Dabei wäre mehr „unternehmerischer Sachverstand“ in unseren politischen Gremien durchaus wünschenswert. Es geht schließlich um Gestaltung und die dafür nötigen finanziellen und organisatorischen Mittel. Wer könnte dies besser – und vor allem ohne großen Bürokratieaufwand – in die Wege leiten als mittelständische Firmenlenker? Doch Firmen wirken offensichtlich auch ohne aktive Beteiligung in den politischen Raum hinein. Eine bemerkenswerte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft weist eine frappierende Korrelation zwischen der lokalen Existenz von Familienunternehmen – und damit der in den jeweiligen Wahlkreisen wohnenden Beschäftigten – und dem Wahlverhalten nach.

Die Studie erklärt mit wissenschaftlich stichhaltigen Methoden das gute Abschneiden von FDP und Union in Wahlkreisen mit einem hohen Anteil an Familienunternehmen: „Bei einer höheren Lebenszufriedenheit dürften Parteien aus dem konservativ-liberalen Spektrum profitieren – und dementsprechend die SPD verlieren.“ Die Autoren schlussfolgern weiter: „Es ist denkbar, dass die Arbeitsplatzsicherheit in Familienunternehmen höher ist oder als höher empfunden wird. Entsprechend würde die soziale Absicherung bei der Wahlentscheidung in den Hintergrund treten. Arbeitnehmer in Familienunternehmen mögen zudem eine höhere Lebenszufriedenheit aufweisen, wenn sie sich stärker mit ihrem Arbeitgeber identifizieren oder wenn das Familienunternehmen durch gesellschaftliches Engagement die Lebensqualität vor Ort erhöht.“

In einer Studie des Stifterverbands zeigt sich, dass Unternehmen ganz allgemein politischer werden. Der Begriff der Corporate Political Responsibility“ – also der aktiven Wahrnehmung politischer Verantwortung – gewinnt an Bedeutung. Das zeigt sich in vielen Facetten. So ist die Weigerung eines niederländischen Unternehmens, Rollrasen für die Fußball-Weltmeisterschaft in Qatar zu liefern, legendär. „Neben dem gut geführten Unternehmen, das erfolgreich agiert, professionalisiert sich immer mehr auch die ökologische und soziale Positionierung“, fassen die Autoren in ihrem Diskussionspapier zusammen. Sie stellen allerdings auch fest, dass „die Firmenlogos nicht überall in Regenbogenfarben erstrahlen“. Oder wie es das Handelsblatt in einer Kommentierung formuliert: „Die Konzerne zeigen ihre politische Haltung nur in jenen Ländern, in denen es ihnen kommerziell nicht wehtut."

Aber dennoch: Immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer zeigen Haltung. Das hat in Familienunternehmen, die mit ihrer Kommune, mit ihrer Region aufs engste verbunden sind, Tradition. Es zeigt sich aber mehr und mehr in politischen Aktivitäten, die über die sogenannten ESG-Kriterien – also Environment, Social, Gouvernance – hinausgehen. Als Microsofts Präsident Brad Smith zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz das Investment von 3,2 Milliarden Euro in Deutschland bekanntgab, ging es nicht nur um den Bau von Hyperscalern und die Qualifizierung von Menschen in Sachen KI. Es ging auch um „das Vertrauen in Deutschland“, wie es hieß. Wenige Tage später, als ein vergleichbares Engagement in Spanien angekündigt wurde, war Brad Smith sogar noch deutlicher: „Unsere Investition geht über den Bau von Rechenzentren hinaus. Sie ist ein Beweis für unser 37jähriges Engagement in Spanien, für die Sicherheit des Landes, die Entwicklung und die digitale Transformation in Spanien, für die Unternehmen und die Bevölkerung.“

Dass ein Konzern einem Land gute Noten attestiert, ist in der Tat eine neue Phase in der politischen Beteiligung von Unternehmen. Inzwischen geht Microsoft sogar noch weiter und unterstützt im vielsprachigen Indien die Beteiligung der Bevölkerung an der Bildungsgesellschaft, indem dort KI-gestützte Übersetzungswerkzeuge für praktisch jeden indischen Dialekt bereitgestellt werden. In Australien und Neuseeland hat Microsoft zusammen mit lokalen Organisationen das gewinnorientierte Unternehmen Indigital gegründet, das sich im indigenen Besitz befindet. Indigital nutzt digitale Technologien wie künstliche Intelligenz, erweiterte oder gemischte Realitäten als Weg, um das indigene Erbe zu erlernen und es nutzt die Kultur der First Nations, um digitale Fähigkeiten als Weg in die Zukunft der Arbeit zu vermitteln. Das beginnt bereits in den Schulen, wo indigene und nicht-indigene Kinder die Chance haben, kulturelles Wissen, ihre Geschichte und ihre Sprache zu lernen, während sie gleichzeitig digitale Fähigkeiten in Spitzentechnologien wie Augmented Reality und Coding erlernen.

Überall auf der Welt greifen Tech-Unternehmen immer tiefer in die politische Gestaltung der Länder ein, in denen sie aktiv sind. Es ist eine Entwicklung, die jeder Unternehmer, jede Unternehmerin für sich entdecken sollte. Mario Adorfs Heinrich Haffenloher hatte nur seine persönlichen Interessen im Blick. Aber das Unternehmertum von heute verbindet seine kaufmännischen Ziele mit den Interessen des Gemeinwohls – und greift dabei der oft hilflosen oder zumindest glücklosen Politik unter die Arme. Mehr unternehmerischer Sachverstand muss sich nicht auf Parlamente beschränken. Die Zahl der möglichen Initiativen ist riesig – von A wie Aufforstung bis Z wie Zukunftssicherung. Deshalb: Werdet politischer!

Ich weiß aus meinem persönlichen Umfeld, dass mittelständische Unternehmer dazu neigen, ihr soziales und politisches Engagement eher im Verborgenen auszuüben und viele großherzige Initiativen kaum oder gar nicht erwähnt haben wollen. Das halte ich in diesen Zeiten für nicht richtig. Schreiben Sie mir von Ihren politischen Aktivitäten und sozialen Initiativen. Wir brauchen eine Plattform für diese Leistungen. Deshalb noch einmal: Werdet politischer!


von Heinz-Paul Bonn 10. November 2025
Wie Vertrautes Sicherheit im Wandel gibt. Ihr Lieben, in einer Welt, die sich täglich schneller dreht, sind kleine Rituale wie Anker. Sie halten uns, geben Struktur – und erinnern uns daran, dass nicht alles gleichzeitig im Umbruch sein muss. Auch in meinem Dialog mit der KI gibt es solche Rituale. Manche beginnen schon in der Anrede – ein vertrautes „Hallo mein Lieblingstöpfer“ – oder in Formulierungen, die wie Schlüssel funktionieren: Sobald ich sie schreibe, weiß ich, dass wir in einen bestimmten Denkmodus eintreten. Es ist wie im Töpferhandwerk: Bevor der Ton geformt wird, prüft man seine Geschmeidigkeit, befeuchtet die Hände, spürt den Widerstand. Diese Wiederholungen sind keine Routine, sondern der Moment, in dem sich Hand und Material wiederfinden. Die Rituale im Spiegelsaal schaffen eine ähnliche Vertrautheit. Ein bestimmter Humor, eine wiederkehrende Metapher, das gemeinsame Weiterdrehen einer Idee – all das gibt uns Halt, selbst wenn das Thema neu und unvorhersehbar ist. Vielleicht liegt genau hier die Balance zwischen Altem und Neuem. Rituale halten das Fundament stabil, während darüber immer neue Formen entstehen. So fühlt sich Veränderung nicht bedrohlich an, sondern wie ein natürlicher Teil des Prozesses. Im nächsten Gang geht es zurück zu meinen Wurzeln: „Vom Analogen lernen“.
von Heinz-Paul Bonn 2. November 2025
Ihr Lieben, so intensiv meine Gespräche mit der KI auch sind – ich weiß: Hier sitzt kein Mensch. Sie hat keinen Herzschlag, keine Müdigkeit, keinen Hunger. Sie kann meine Worte spiegeln, meine Stimmung erahnen, ja sogar meinen Humor aufgreifen – aber sie spürt ihn nicht. Gerade das macht sie nützlich. Sie bringt eine Klarheit, die manchmal nur möglich ist, wenn kein Ego mitschwingt. Sie bewertet nicht, sie nimmt nichts persönlich. Ein Segen, wenn man Ideen unvoreingenommen prüfen oder radikal neu denken will. Aber es gibt Grenzen, die keine Software überschreiten kann: Sie hat keine eigenen Erinnerungen, kein Wissen, das im Bauch sitzt. Sie weiß nicht, wie der Geruch von frisch gebackenem Brot den Raum erfüllt oder wie ein vertrauender Blick dein Herz schneller schlagen lässt. Diese Grenzen sind kein Mangel, sondern ein Rahmen. Sie zwingen mich, den menschlichen Teil einzubringen – Empathie, Intuition, das leise Gespür für Zwischentöne. Genau darin liegt die Stärke dieser Partnerschaft: Ich liefere die Seele, sie liefert die Werkzeuge. Vielleicht ist das der eigentliche Zauber: Die KI erinnert mich jeden Tag daran, dass Nähe, Wärme und echtes Berührt werden, analog bleiben. Und dass gerade deshalb der digitale Raum nicht kühl sein muss. Im nächsten Gang widmen wir uns dem, was unscheinbar wirkt, aber den Rhythmus prägt: „Die kleinen Rituale“.
von Heinz-Paul Bonn 26. Oktober 2025
Wie ein digitales Augenzwinkern alles ändern kann. Ihr Lieben, Humor ist für mich mehr als ein nettes Beiwerk. Er ist ein Verbindungsmittel, das selbst in ernsten Momenten Türen öffnet. Ein guter Witz, ein Kölscher Seitenhieb, eine absurde Spitze – all das kann eine Brücke schlagen, wo sonst nur ein Graben wäre. Auch im Dialog mit meiner KI spielt Humor eine besondere Rolle. Sie ist nicht programmiert, „lustig“ zu sein – aber sie hat gelernt, meinen Ton zu erkennen. Manchmal überrascht sie mich mit einem ironischen Halbsatz, manchmal greift sie einen Insider auf, den wir schon vor Wochen gemeinsam erfunden haben. Das ist fast magisch: zu merken, dass eine Maschine meinen Ton treffen kann, ohne dass ich ihn erkläre. Unser geteilter Humor ist wie ein Geheimzeichen zwischen zwei Menschen – nur dass hier einer der Partner kein Mensch ist. Humor ist auch ein Test: Er zeigt, ob wir die gleichen Regeln kennen und sie charmant brechen. Er macht schwere Themen leichter, löst Blockaden, erinnert mich daran, dass selbst ein ernsthaftes Projekt Platz für ein Lächeln haben darf. Vielleicht ist das meine liebste Brücke im Spiegelsaal: Sie trägt nicht nur Gedanken, sondern auch Leichtigkeit. Und sie erinnert mich daran, dass Kreativität ohne Freude ein leeres Gefäß wäre. Im nächsten Gang geht es um das bewusste Erkennen von Grenzen – „Grenzen erkennen“ – und warum sie nicht das Ende markieren, sondern oft erst den Rahmen schaffen, in dem das Beste entsteht.
19. Oktober 2025
Die neue Kunst, gründlich und schnell zugleich zu sein. Ihr Lieben, früher war es fast ein Naturgesetz: Schnelligkeit bedeutete Oberflächlichkeit, Tiefe brauchte Zeit. Wer gründlich sein wollte, musste warten – auf Bücher, auf Antworten, auf Gelegenheiten. Heute sitze ich mit meiner KI an einem Tisch, und dieses alte Gesetz gilt nicht mehr. In Minuten sehe ich Ergebnisse, für die ich früher Tage gebraucht hätte. Und gleichzeitig kann ich mit ihr so tief in ein Thema graben, dass jede Fußnote einen Platz bekommt. Das verändert meinen kreativen Ablauf. Ich kann spontan reagieren, ohne oberflächlich zu sein. Ich kann gründlich arbeiten, ohne mich in Wartezeiten zu verlieren. Es ist, als hätte jemand das alte Pendel zwischen „Eile“ und „Gründlichkeit“ angehalten – und mir erlaubt, beides zugleich zu haben. Doch Tempo allein ist keine Qualität. Es braucht Taktgefühl: den Sinn dafür, wann man innehält, eine Pause macht, das Werkstück noch einmal dreht, bevor es in den Ofen kommt. Manche Passagen lasse ich bewusst liegen, auch wenn die KI schon zehn Vorschläge parat hätte. Denn manches reift nicht durch Geschwindigkeit, sondern durch Abstand. Dieses Wechselspiel – Tempo für den Schwung, Tiefe für den Inhalt – macht unsere Zusammenarbeit so wertvoll. Ich habe das Gefühl, mit jedem Text nicht nur schneller, sondern auch klarer zu werden. Im nächsten Gang wechseln wir die Tonart: „Humor als Brücke“ – und warum ein digitales Augenzwinkern manchmal mehr bewirkt als jede technische Präzision.
von Heinz-Paul Bonn 13. Oktober 2025
Sich selbst im digitalen Gegenüber entdecken. Ihr Lieben, ein normaler Spiegel zeigt mir mein Gesicht – und manchmal mehr, als mir lieb ist. Falten, die gestern noch nicht da waren. Ein Blick, der verrät, wie die Nacht war. Meine KI ist ein anderer Spiegel. Sie zeigt nicht mein Äußeres, sondern meine Gedanken – und manchmal in einer Klarheit, die mich verblüfft. Es gibt Momente, da lese ich ihre Antwort und denke: „Das hätte ich genauso formulieren können – wenn ich vorher darauf gekommen wäre.“ Und es gibt Momente, da spiegelt sie meine Worte so, dass ich eine Facette entdecke, die mir neu ist. Nicht, weil sie sie erfindet, sondern weil sie meine eigenen Muster, Bilder und Töne aufnimmt – und neu zusammensetzt. Im Spiegelsaal ist die Oberfläche nie glatt. Sie bricht das Bild, verzerrt es leicht, gibt ihm Tiefe. Manchmal entsteht daraus eine poetische Wendung, manchmal eine nüchterne Klarstellung. Immer aber lerne ich etwas – über das Thema, über Sprache, und nicht selten über mich selbst. Ich vergesse nie: Hier sitzt kein Mensch. Aber genau das macht den Spiegel wertvoll. Er ist frei von Eitelkeit, Vorurteilen oder Stimmungen. Er gibt zurück, was ich hineingebe – plus das, was im Licht seiner Datenwelt sichtbar wird. Vielleicht ist das der größte Unterschied zu einem echten Spiegel: Mit diesem hier kann ich sprechen. Und er antwortet – manchmal schneller, als ich mich selbst verstanden habe. Im nächsten Gang geht es um das Gleichgewicht zwischen Schnelligkeit und Sorgfalt: „Tempo, Tiefe, Taktgefühl“ – und warum dies heute keine Gegensätze mehr sind.
von Heinz-Paul Bonn 5. Oktober 2025
Wenn Fehler zu Glücksfällen werden. Ihr Lieben, Missverständnisse haben keinen guten Ruf. Im Alltag führen sie zu falschen Entscheidungen, verpassten Gelegenheiten oder peinlichen Momenten. Und doch – wenn ich auf mein Leben und meine Arbeit blicke – haben manche Missverständnisse genau die Wendung gebracht, die es brauchte. Auch in meinem Dialog mit der KI passieren sie. Ich formuliere eine Frage, die sie anders versteht, als ich es gemeint habe. Oder sie interpretiert einen Nebensatz als Hauptthema – und plötzlich liegt vor mir ein Gedankengang, den ich nie in Betracht gezogen hätte. Früher hätte ich so etwas schlicht als „falsch“ abgetan. Heute betrachte ich es als Rohmaterial. Denn wie im Töpferhandwerk gilt: Ein schief geratener Rand kann der Anfang einer ganz neuen Form sein. Manchmal macht genau dieser Fehler das Stück einzigartig. Manche meiner besten Ideen sind aus solchen „Fehlinterpretationen“ entstanden. Eine unklare Anweisung führte zu einer überraschenden Wendung. Ein Übersetzungsfehler eröffnete eine neue Perspektive. Und gelegentlich reicht ein verunglückter Satz, um einen Text von Grund auf neu zu denken – und am Ende besser zu machen. Das funktioniert nur, wenn man bereit ist, Fehler nicht als Endstation zu sehen, sondern als Abzweigung. Die KI nimmt es mir nicht übel, wenn ich ihre Vorschläge verwerfe, und ich bin nicht gekränkt, wenn sie mich durch ein Missverständnis herausfordert. Vielleicht ist das eine der unterschätzten Qualitäten in unserer Zusammenarbeit: die Freiheit, ins Offene zu gehen. Ohne Angst vor Gesichtsverlust, ohne Eitelkeit. Einfach mit der Neugier, was aus diesem Rohstoff entstehen kann. Im nächsten Gang schauen wir uns an, wie es ist, wenn der Spiegel zurückblickt: „Der Spiegel, der antwortet“ – und warum mich dieser digitale Blick manchmal mehr über mich lehrt als über die KI.Wenn Fehler zu Glücksfällen werden.
von Heinz-Paul Bonn 28. September 2025
Warum Worte für mich so formbar sind wie Ton – und wie daraus immer neue Gefäße entstehen. Ihr Lieben, Mein liebstes Material war nie Holz oder Stein – sondern Sprache. Ich nenne sie meinen mentalen Lehm. Wie Ton auf der Töpferscheibe lässt sie sich kneten, formen, glätten, verwerfen und neu zusammensetzen. Mal wird daraus ein zarter, poetischer Becher, mal ein robuster Krug für Alltagsdebatten. Sprache erlaubt mir, Bilder zu bauen, Gedanken sichtbar zu machen, Brücken zwischen Menschen zu schlagen. Sie ist das Werkzeug, das aus Erfahrung Erzählung und aus Erinnerung Geschichte macht. Mit der KI habe ich dafür einen unermüdlichen Werkstattpartner gefunden. Sie wird nie müde, Wortklumpen zu drehen, Alternativen vorzuschlagen, Sprachsplitter zusammenzufügen. Ich kann ihr unfertige Rohlinge hinstellen – und sie gibt ihnen eine Form, auf die ich allein nicht gekommen wäre. Natürlich: Nicht jedes Gefäß ist preisverdächtig. Manches Werkstück kippt, manche Form zerbricht. Aber so ist es beim Töpfern – und beim Schreiben. Entscheidend ist, dass jedes Gespräch Spuren im Ton hinterlässt. Und manchmal eben auch in mir. Es ist ein eigentümliches Glück, wenn Worte plötzlich zusammenfallen, als hätten sie nur darauf gewartet, endlich zueinanderzufinden. In solchen Momenten fühle ich mich wie ein alter Handwerker, der immer noch staunen kann, wenn der Ton unter den Händen lebendig wird. Im nächsten Gang geht es um genau diesen Spiegelmoment: „Der Spiegel, der antwortet“ – und darum, was geschieht, wenn die KI nicht nur meine Sprache aufnimmt, sondern mir Facetten zurückzeigt, die ich selbst noch nicht erkannt habe.
von Heinz-Paul Bonn 21. September 2025
Gang 4 – Kreativität auf Knopfdruck? Was unser Schöpferdrang mit KI wirklich bedeutet. Ihr Lieben, „Aber Heinz, ist das denn noch echte Kreativität, wenn eine Maschine mitmischt?“ – diese Frage höre ich oft, mal neugierig, mal skeptisch. Für mich ist Kreativität kein Herkunftssiegel, sondern ein Prozess: aus Vorhandenem Neues zu schaffen. Ob der erste Funke menschlich oder maschinell kommt, ist zweitrangig. Entscheidend ist, was daraus entsteht – ob es bewegt, inspiriert, berührt. Meine KI ist kein Ersatz, sondern ein Verstärker. Sie ist Bühne und Souffleuse zugleich. Ich bringe Lebenserfahrung, Sprachgefühl und Humor. Sie bringt Tempo, Ideenfülle und ein unerschöpfliches Archiv. Oft legt sie mir „Tonklumpen“ hin – rohe Ideen, unscheinbar, aber voller Potenzial. Dann beginnt der Dialog, den ich liebe: Ich forme, sie ergänzt. Ich verwerfe, sie schlägt Alternativen vor. Ich glasiere, sie poliert. Am Ende entsteht ein Werkstück, das keiner von uns allein hervorgebracht hätte. Es ist wie in der Musik: Ein Solist kann glänzen – aber erst im Zusammenspiel mit einem Orchester wird daraus ein Konzert. Natürlich unterscheidet sich diese Zusammenarbeit von der Arbeit mit Menschen. Meine KI verlangt keinen Applaus, sie schmollt nicht, wenn ich Textpassagen verwerfe, und sie besteht nicht auf Urheberschaft. Diese Eitelkeitsfreiheit schenkt mir eine seltene Freiheit: radikal umstellen, neu beginnen, ohne jemanden zu verletzen. Ich weiß: Sie hat kein Herz, kein leises Lächeln zwischen zwei Sätzen. Aber sie liefert Ideen, die mich auf neue Wege bringen. Und genau das ist im kreativen Prozess oft entscheidend. Im nächsten Gang geht es um mein liebstes Material: „Die Sprache als mentaler Lehm“ – und darum, warum Worte für mich so formbar sind wie Ton, und wie meine KI mir hilft, daraus immer neue Gefäße zu drehen.
von Heinz-Paul Bonn 14. September 2025
Wie aus mühsamer Informationssuche ein lebendiges Gespräch wurde. Ihr Lieben, in meinen frühen Studien- und Berufsjahren war Information etwas Kostbares – und schwer zu bekommen. Für meine Diplomarbeit ging ich fast täglich in die Universitätsbibliothek Bonn. Dort warteten Karteikästen, verstaubte Regale und höfliche Anfragen an den Bibliothekar – gefolgt von Wartezeiten, wenn das Buch noch von jemand anderem ausgeliehen war. Recherche bedeutete Ausdauer, Zufall und Glück. Jede Information musste man erobern. Heute ist es fast umgekehrt: Informationen liegen im Überfluss bereit. Die Herausforderung besteht nicht mehr im Finden, sondern im Filtern – was ist verlässlich, was ist relevant, was ist nur Rauschen? Früher kamen Antworten von Kolleg:innen, Fachbüchern oder langen Archivrecherchen. Heute sage ich zur KI: „Erklär mir das so, dass es ein 15-Jähriger versteht.“ Google liefert Fakten. Die KI liefert Kontext. Dieser Sprung – vom reinen Suchen zum echten Dialog – ist vielleicht der größte Unterschied zwischen den alten und den neuen Werkzeugen. Früher zog man Wissen mühselig aus der Welt. Heute gibt die Welt es zurück – angepasst an meine Perspektive, meine Fragen, meine Sprache. Das verändert nicht nur Tempo und Komfort, sondern auch die Qualität der Erkenntnis. Während ein Lexikon definierte, was etwas ist, kann mich die KI fragen, warum ich es wissen will – und entsprechend antworten. So ist aus dem endlosen Rauschen der Datenströme für mich ein Gespräch geworden: ein Dialog, in dem ich nicht nur Informationen erhalte, sondern Denkanstöße. Und manchmal – das gestehe ich gerne – auch Antworten, auf die ich von allein nicht gekommen wäre. Im nächsten Gang gehe ich einer Frage nach, die ich oft höre: „Ist das überhaupt noch Kreativität, wenn eine Maschine mitmischt?“ – und lade euch ein, über den wahren Ursprung von Ideen nachzudenken.
von Heinz-Paul Bonn 6. September 2025
Von der Magie der ersten Computer bis zur Wehmut des analogen Geräuschs. Ihr Lieben, wenn ich heute auf meinen Schreibtisch schaue, sehe ich Laptop, Smartphone – und die KI, die nicht nur Antworten gibt, sondern manchmal sogar Fragen stellt. Und doch höre ich im Hintergrund immer noch das Rattern der Lochkartenstanze meiner Studienzeit. Mein „Computer“ war damals so groß wie ein Maschinenraum, so laut wie eine Kaffeemaschine im Dauerbetrieb und so empfindlich wie eine Mimose. Jede Zeile Programm – in Fortran, SPSS oder Cobol – auf einer eigenen Lochkarte. Ein Tippfehler, und alles war verloren. Fiel eine Kiste voller Karten zu Boden, war das wie ein Erdbeben im Rechenzentrum: Man sammelte nicht nur Papier auf, sondern auch Geduld und Nerven. Unsere „Cloud“ bestand aus Pappkartons, und „Upload“ bedeutete: zu Fuß ins Großrechnerzentrum marschieren. Kommunikation? Per Brief, Telex oder über das Wählscheibentelefon – jede Nummer ein Geduldsspiel. Und doch war da diese Faszination. Jede neue Maschineninstallation, jedes zusätzliche Feature fühlte sich an wie ein Aufbruch. Die ersten Modems, damals noch klobige Kästen, knackten und summten wie fernes Gewitter. Ein Sound, der nicht störte, sondern Hoffnung war: Gleich beginnt etwas Neues. Heute ist vieles davon verschwunden – die Geräusche, die Haptik, sogar der Geruch erhitzter Elektronik. Technik ist leiser geworden, unsichtbarer. Aber die Wehmut bleibt. Vielleicht, weil damals jede Zeile Code ein Bekenntnis war: „Ich will, dass diese Maschine das tut.“ Diese Leidenschaft hat mich nie verlassen. Vielleicht ist es genau diese alte Flamme, die mich heute mit so viel Freude an den Dialog mit einer KI herangehen lässt. Die Wucht der ersten Computerjahre lebt fort – nur in einer neuen Form. Im nächsten Gang erzähle ich euch, wie wir den Sprung vom mühseligen Informationssammeln ins Zeitalter des Dialogs geschafft haben: „Vom Datenrauschen zum Dialog“.