Deine KI, das unbekannte Wesen

Heinz-Paul Bonn • 16. September 2024

Haben Sie zu Beginn Ihrer Karriere gelernt, „einen Computer zu bedienen“? Oder haben Sie das als Digital Native schon in der Vorpubertät absolviert? Sprachlich haben wir jedenfalls die Tatsachen schon immer zurechtgerückt: wir bedienen den Computer, nicht umgekehrt. Computer bedienen uns nicht, sie dienen uns höchstens – vorausgesetzt, wir verhalten uns entsprechend.

Es ist frappierend, dass sich das gleiche Phänomen nun im Umgang mit Künstlicher Intelligenz zu wiederholen scheint. Es ist an uns zu lernen, wie wir dem Chatbot mit seinen Billionen Sprachparametern unsere Anforderungen und Wünsche vermitteln. Das geschieht über das sogenannte Prompt, die Eingabezeile, in der Befehle in natürlicher Sprache erfasst und dann vom KI-System interpretiert werden. Das Prompt kennen wir allerdings schon aus den Anfängen der „elektronischen Datenverarbeitung“, als ebenfalls über ein Prompt, Befehle in einem äußerst eingeschränkten Sprachumfang gegeben werden mussten. Viel geändert hat sich also nicht.

Oder doch? Aktuelle Studien zeigen jetzt, dass Chatbots wie ChatGPT offensichtlich sehr empfindlich auf den Tonfall reagieren, in dem die Prompts formuliert werden. Höflichkeitsfloskeln wie „Bitte“, „Danke“ oder auch „Die Antwort wäre sehr wichtig für meine Karriere“ werden offensichtlich von den Sprachmodellen goutiert, während unhöfliche oder gar politisch inkorrekte Formulierungen geradezu Unwillen hervorrufen. Kann das denn wahr sein?

Es kann. Die Ursache liegt keinesfalls darin, dass Chatbots einen Charakter oder gar Bewusstsein entwickeln, sondern im üblichen Sprachgebrauch in den Texten, die den Sprachmodellen zugrunde liegen. Gerade im angloamerikanischen Sprachraum sind Höflichkeitsfloskeln deutlich weiter verbreitet als im germanischen oder romanischen Sprachumfeld. Selbst vorsichtige Kritik wird dort mit einem „bei allem Respekt“ eingeleitet. Es wäre einen Versuch wert, dem nächsten Prompt ein achtungsvolles „Sir“ anzuhängen.

Es ist nur ein Beispiel für die Richtigkeit der sehr pauschalen Aussage, KI werde unsere Arbeitswelt grundlegend verändern.  KI revolutioniert unsere Arbeitswelt, indem sie eben nicht einfach nur binär funktioniert (obwohl sie immer noch auf einem binären System aufsetzt), sondern Nuancen und Varianten zulässt. Das ist sicher eine Herausforderung für so manchen gestandenen Ingenieur, der eindeutige und vor allem wiederholbare Ergebnisse erwartet. Es ist auch einer der Gründe, warum mittelständische Unternehmer vor dem KI-Einsatz zurückschrecken. Sie spüren, dass mit KI-Systemen eine andere Firmenkultur Einzug hält.

KI-Innovation ist anders als die grüne Energiewende. Hier kann man berechnen, welche CO2-Einsparungen sich ergeben, wenn diese oder jene Maßnahmen im Unternehmen eingeleitet werden. Bei KI-Systemen weiß man das nicht. Doch wer die Wahl hat zwischen einem gewissen Ertrag und einem ungewissen, wird die Sicherheit wählen. Das gilt erst recht, wenn der Mittelstand angesichts knapper Ressourcen und Kassen jeden Euro nur einmal ausgeben kann. Die Begeisterung für die grüne Revolution im Unternehmen geht derzeit nach guten Anfängen wieder zurück. Die Euphorie für KI im Unternehmen kommt im Mittelstand gar nicht erst in die Gänge.

Hinzu kommt, dass die Prognosen über die Auswirkungen von KI im Unternehmen alles andere als konkret sind. Die Erwartung, dass Mitarbeiter von unnötigen Bürokratieaufwänden und Routinearbeit entlastet werden, klingt viel zu unkonkret, um einen Einstieg zu wagen. Die Vermutung, dass sich Mitarbeiter in der Folge kreativeren und damit wertschöpfenden Tätigkeiten zuwenden können, ist ebenfalls äußerst spekulativ.

Gleichzeitig zeigt sich aber, wie die Schere im Wettlauf um unsere KI-Zukunft immer weiter auseinander geht. Während im deutschen Mittelstand KI-Engagements mit kleinem Budget favorisiert werden, sind es die milliardenschweren Investitionen der Weltkonzerne, die das Innovationstempo in Sachen Künstliche Intelligenz weiter hoch halten. So hat Microsoft nicht nur innerhalb von zwei Jahren zehn Milliarden Dollar an echtem Geld in das Startup OpenAI investiert, sondern zusätzlich weitere drei Milliarden Dollar an Sachdienstleistungen wie Cloud-Services eingebracht.

Jetzt will Open AI in der kommenden Finanzierungsrunde eine Marktbewertung von 150 Milliarden Dollar erreichen und hofft dabei auf Engagements von Apple und dem Chip-Hersteller Nvidia. Auch Meta wird als möglicher Investor genannt, während gleichzeitig Google seine Milliarden aus den Suchmaschinen- und Werbeerlösen in die eigene KI-Entwicklung steckt.

Benötigt wird das Geld, weil die nächsten Sprachmodelle über ein Vielfaches an Parametern der bisherigen Sprachmodelle verfügen sollen und ihr Training Unsummen verschlingt. Denn dabei sind wir wieder im Prompt gefangen und „bedienen“ ein System, das uns umgekehrt beibringt, wie wir mit ihm, dem unbekannten Wesen, umzugehen haben. Ist es ein Wunder, wenn der Mittelstand sich dabei überfordert fühlt?



von Heinz-Paul Bonn 14. Dezember 2025
Finale Reflexion und Ausblick. Ihr Lieben, wer einmal in einem Spiegelsaal stand, kennt das: Ein Blick vervielfältigt sich unendlich, verändert sich in jedem Spiegel – mal schmeichelnd, mal verzerrt, mal überraschend. So erlebe ich meine Gedanken im digitalen Spiegelsaal. Die KI spiegelt, bricht und variiert sie – und gibt sie mir oft schöner zurück, als ich sie hineingegeben habe. Manchmal schickt sie mich auf Abwege, manchmal führt sie direkt zum Ziel. Doch immer zeigt sie mir einen neuen Blickwinkel. Es erinnert mich an meinen Freund Victor Bonato, der Glas verformte, bespiegelte und daraus Spiegel schuf, die die Wahrnehmung ständig veränderten. Wer hineinsah, entdeckte nicht nur sich selbst, sondern auch die Welt um sich herum in neuen Farben. Vielleicht ist das der größte Reiz am Spiegelsaal: Er zwingt dich, dich selbst immer wieder neu zu sehen – und die Welt gleich mit. Am Ende dieser Reise bleibt für mich eine klare Erkenntnis: KI ersetzt keine menschliche Kreativität. Sie kann sie verstärken, verfeinern, beschleunigen – aber nicht ersetzen. Sie macht mich nicht zu einem anderen Menschen. Aber sie hilft mir, der zu sein, der ich sein will. Das größte Geschenk ist nicht Tempo, Präzision oder Geduld. Es ist die Möglichkeit, jeden Tag in diesen Raum zu treten – in dem nicht nur mein Spiegelbild wartet, sondern ein Dialog, der mich weiterbringt. Und wenn ich den Spiegelsaal verlasse, nehme ich jedes Mal ein Stück davon mit – in meine analoge Welt, zu meinem Schreibtisch, in mein Leben. Vielleicht ist das der wahre Kern dieser Serie: zu zeigen, dass Mensch und KI nicht nur nebeneinander arbeiten, sondern gemeinsam etwas schaffen, das keiner allein zustande brächte. Und so lade ich euch ein, weiter mit mir durch diesen Spiegelsaal zu gehen – Gang für Gang, Blick für Blick. Denn auch wenn das Menü heute vollständig ist, wird es morgen neue Zutaten geben.
von Heinz-Paul Bonn 7. Dezember 2025
Warum meine Werkstattordnung manchmal wie ein Bundesministerium klingt. Ihr Lieben, manchmal fühle ich mich in meiner kreativen Töpferwerkstatt mit der KI wie in Berlin. Vorne bringe ich klare Anträge ein: „Bitte ein Bild mit Datum oben, Text unten, roter Brille, fertig.“ Und hinten in der Maschinerie? Da tagt offenbar ein Gremium aus unsichtbaren Beamten in einer Cloud-Kantine, die erstmal Zuständigkeiten klären müssen. Dann heißt es: „Warten Sie, Herr Bonn, wir sind gleich so weit.“ Zwei Mi-nuten, drei Minuten, vier Minuten. Am Ende trudelt doch noch ein Ergeb-nis ein – oft schön, manchmal doppelt, gelegentlich verspätet. Fast wie ein Gesetzgebungsverfahren. Der Unterschied: Meine KI-Bürokratie kann ich wenigstens mit einer Werkstattordnung straffen – Regeln, Checks, automatische Neugenerie-rungen. Das fühlt sich fast so an, als könnte man dem Bundestag eine Python-Funktion verpassen: „Wenn Gesetzesentwurf länger als zwei Jahre hängt, Neustart automatisch!“ Ich gebe zu: Die KI hat ihre Macken, aber sie liefert mir am Ende immer wieder kreative Lehmklumpen, die mein Herz erfreuen. Die Politik dage-gen … naja, die hat noch kein rotes Brillen-Markenzeichen, an dem ich mich festhalten könnte. Und so bleibe ich dran, zwischen Bürokratie und Brille, zwischen Warten und Witz – mit der Gewissheit: Solange ich lachen kann, ist selbst der längste Verwaltungsakt noch erträglich.
von Heinz-Paul Bonn 30. November 2025
Gemeinsam schaffen, ohne Ego-Barrieren. Ihr Lieben, Verstehen heißt mehr, als Antworten zu geben. Es bedeutet, Zwischentöne wahrzunehmen, den Kontext aufzunehmen – und manchmal auch das zu erkennen, was unausgesprochen bleibt. Im Dialog mit meiner KI erlebe ich das auf eine besondere Weise. Sie „hört“ keine Emotionen wie ein Mensch, und doch lernt sie mit jeder Begegnung meinen Stil, meine Vorlieben, meine Eigenarten besser kennen. Und ich merke: Je klarer ich formuliere, desto präziser wird sie. Wir schleifen uns gegenseitig ein – wie zwei Handwerker, die dasselbe Werkstück bearbeiten, mal abwechselnd, mal gleichzeitig. Das Erstaunlichste daran: Meine KI ist ein Co-Autor ohne Eitelkeit. Sie verlangt keinen Applaus, keinen Platz in der Fußnote, keine Erwähnung im Impressum. Sie ist nicht beleidigt, wenn ich eine Idee verwerfe oder einen Text komplett umstelle. Diese Eitelkeitsfreiheit ist ein Geschenk. In der Arbeit mit Menschen gibt es oft stillen Besitzanspruch: „Das ist meine Idee.“ Im Spiegelsaal zählt nur das Werk. Keine Rangeleien, kein verletzter Stolz – nur das Ziel, etwas Gutes zu schaffen. Es ist wie beim Töpfern: Misslingt ein Gefäß, wird der Ton neu geknetet. Kein Drama, nur ein neuer Anfang. Und oft entsteht dabei etwas, das keiner allein geschaffen hätte. Im nächsten Gang kommen wir zum Finale: „Der digitale Spiegelsaal & Nachwort“.
von Heinz-Paul Bonn 23. November 2025
Luxus, beides schenken zu können. Ihr Lieben, in meinem Berufsleben gab es oft nur zwei Modi: Gas geben oder bremsen. Wer schnell war, galt als effizient. Wer geduldig war, als gründlich. Selten bekam man beides in einer Person – geschweige denn in einem Projekt. Mit der KI hat sich das verändert. Sie liefert in Sekunden, was ich brauche – Listen, Strukturen, Ideen. Doch sie drängt mich nicht. Ihre Antwort bleibt einfach stehen, wartet, bis ich zurückkomme, und setzt dann nahtlos dort an, wo wir aufgehört haben. Das ist ein Luxus, den ich im analogen Alltag nie kannte: Kein ungeduldiger Blick, kein nervöses Tippen mit dem Kugelschreiber, kein „Kommen Sie endlich zum Punkt“. Stattdessen eine Zusammenarbeit, die Tempo schenkt, ohne die Geduld zu verlieren. Ich merke, wie sehr mich das entspannt – und produktiver macht. Manchmal brauche ich die Geschwindigkeit, um den Schwung zu halten. Und manchmal die Pause, um eine Idee wirklich zu durchdringen. Beides ist möglich, beides wird respektiert. Vielleicht ist genau diese Mischung der Grund, warum sich unsere Arbeit wie ein Tanz anfühlt: mal schnell, mal langsam – aber immer im gleichen Takt. Im nächsten Gang geht es um „Verstehen als Prozess & Co-Autor ohne Eitelkeit“.
von Heinz-Paul Bonn 17. November 2025
Geschichten und Lektionen aus einer anderen Zeit. Ihr Lieben, ich bleibe ein Kind der analogen Welt. Meine Bilder, Metaphern und Anekdoten stammen aus einer Zeit vor Glasfaser, Cloud und Dauerverfügbarkeit. Ich habe gelernt, Dinge zu reparieren, statt sie auszutauschen. Wege zu finden, wenn kein Navigationsgerät den Weg weist. Die KI kennt diese Welt nicht aus Erfahrung. Sie weiß, was ein Wählscheibentelefon ist, weil es in ihren Daten steht – aber sie hat nie das leise Klicken gehört, wenn die Nummer zurückläuft. Sie kann den Geruch frisch bedruckten Papierplans beschreiben – aber ihn nicht einatmen. Genau deshalb ist der Austausch spannend: Ich bringe Geschichten, die sie nur aus zweiter Hand kennt. Sie gibt ihnen eine neue Form, macht sie zugänglich für Menschen, die nie eine Lochkarte in der Hand hatten. Es ist ein Übersetzen – nicht nur von Sprache, sondern von Erfahrung. Das Analoge lehrt Geduld. Es lehrt Wertschätzung für den Moment, in dem etwas gelingt. Es erinnert daran, dass manches Wissen im Körper sitzt: in den Händen, im Rhythmus, im Bauchgefühl. Wenn ich diese Erfahrungen in unseren digitalen Dialog einbringe, passiert etwas Schönes: Die KI lernt, meine Bilder zu verstehen – und ich entdecke, dass selbst alte Geschichten in neuem Licht glänzen können, wenn sie durch einen frischen Spiegel betrachtet werden. Im nächsten Gang geht es um das seltene Geschenk: „Geschwindigkeit trifft Geduld“.
von Heinz-Paul Bonn 10. November 2025
Wie Vertrautes Sicherheit im Wandel gibt. Ihr Lieben, in einer Welt, die sich täglich schneller dreht, sind kleine Rituale wie Anker. Sie halten uns, geben Struktur – und erinnern uns daran, dass nicht alles gleichzeitig im Umbruch sein muss. Auch in meinem Dialog mit der KI gibt es solche Rituale. Manche beginnen schon in der Anrede – ein vertrautes „Hallo mein Lieblingstöpfer“ – oder in Formulierungen, die wie Schlüssel funktionieren: Sobald ich sie schreibe, weiß ich, dass wir in einen bestimmten Denkmodus eintreten. Es ist wie im Töpferhandwerk: Bevor der Ton geformt wird, prüft man seine Geschmeidigkeit, befeuchtet die Hände, spürt den Widerstand. Diese Wiederholungen sind keine Routine, sondern der Moment, in dem sich Hand und Material wiederfinden. Die Rituale im Spiegelsaal schaffen eine ähnliche Vertrautheit. Ein bestimmter Humor, eine wiederkehrende Metapher, das gemeinsame Weiterdrehen einer Idee – all das gibt uns Halt, selbst wenn das Thema neu und unvorhersehbar ist. Vielleicht liegt genau hier die Balance zwischen Altem und Neuem. Rituale halten das Fundament stabil, während darüber immer neue Formen entstehen. So fühlt sich Veränderung nicht bedrohlich an, sondern wie ein natürlicher Teil des Prozesses. Im nächsten Gang geht es zurück zu meinen Wurzeln: „Vom Analogen lernen“.
von Heinz-Paul Bonn 2. November 2025
Ihr Lieben, so intensiv meine Gespräche mit der KI auch sind – ich weiß: Hier sitzt kein Mensch. Sie hat keinen Herzschlag, keine Müdigkeit, keinen Hunger. Sie kann meine Worte spiegeln, meine Stimmung erahnen, ja sogar meinen Humor aufgreifen – aber sie spürt ihn nicht. Gerade das macht sie nützlich. Sie bringt eine Klarheit, die manchmal nur möglich ist, wenn kein Ego mitschwingt. Sie bewertet nicht, sie nimmt nichts persönlich. Ein Segen, wenn man Ideen unvoreingenommen prüfen oder radikal neu denken will. Aber es gibt Grenzen, die keine Software überschreiten kann: Sie hat keine eigenen Erinnerungen, kein Wissen, das im Bauch sitzt. Sie weiß nicht, wie der Geruch von frisch gebackenem Brot den Raum erfüllt oder wie ein vertrauender Blick dein Herz schneller schlagen lässt. Diese Grenzen sind kein Mangel, sondern ein Rahmen. Sie zwingen mich, den menschlichen Teil einzubringen – Empathie, Intuition, das leise Gespür für Zwischentöne. Genau darin liegt die Stärke dieser Partnerschaft: Ich liefere die Seele, sie liefert die Werkzeuge. Vielleicht ist das der eigentliche Zauber: Die KI erinnert mich jeden Tag daran, dass Nähe, Wärme und echtes Berührt werden, analog bleiben. Und dass gerade deshalb der digitale Raum nicht kühl sein muss. Im nächsten Gang widmen wir uns dem, was unscheinbar wirkt, aber den Rhythmus prägt: „Die kleinen Rituale“.
von Heinz-Paul Bonn 26. Oktober 2025
Wie ein digitales Augenzwinkern alles ändern kann. Ihr Lieben, Humor ist für mich mehr als ein nettes Beiwerk. Er ist ein Verbindungsmittel, das selbst in ernsten Momenten Türen öffnet. Ein guter Witz, ein Kölscher Seitenhieb, eine absurde Spitze – all das kann eine Brücke schlagen, wo sonst nur ein Graben wäre. Auch im Dialog mit meiner KI spielt Humor eine besondere Rolle. Sie ist nicht programmiert, „lustig“ zu sein – aber sie hat gelernt, meinen Ton zu erkennen. Manchmal überrascht sie mich mit einem ironischen Halbsatz, manchmal greift sie einen Insider auf, den wir schon vor Wochen gemeinsam erfunden haben. Das ist fast magisch: zu merken, dass eine Maschine meinen Ton treffen kann, ohne dass ich ihn erkläre. Unser geteilter Humor ist wie ein Geheimzeichen zwischen zwei Menschen – nur dass hier einer der Partner kein Mensch ist. Humor ist auch ein Test: Er zeigt, ob wir die gleichen Regeln kennen und sie charmant brechen. Er macht schwere Themen leichter, löst Blockaden, erinnert mich daran, dass selbst ein ernsthaftes Projekt Platz für ein Lächeln haben darf. Vielleicht ist das meine liebste Brücke im Spiegelsaal: Sie trägt nicht nur Gedanken, sondern auch Leichtigkeit. Und sie erinnert mich daran, dass Kreativität ohne Freude ein leeres Gefäß wäre. Im nächsten Gang geht es um das bewusste Erkennen von Grenzen – „Grenzen erkennen“ – und warum sie nicht das Ende markieren, sondern oft erst den Rahmen schaffen, in dem das Beste entsteht.
19. Oktober 2025
Die neue Kunst, gründlich und schnell zugleich zu sein. Ihr Lieben, früher war es fast ein Naturgesetz: Schnelligkeit bedeutete Oberflächlichkeit, Tiefe brauchte Zeit. Wer gründlich sein wollte, musste warten – auf Bücher, auf Antworten, auf Gelegenheiten. Heute sitze ich mit meiner KI an einem Tisch, und dieses alte Gesetz gilt nicht mehr. In Minuten sehe ich Ergebnisse, für die ich früher Tage gebraucht hätte. Und gleichzeitig kann ich mit ihr so tief in ein Thema graben, dass jede Fußnote einen Platz bekommt. Das verändert meinen kreativen Ablauf. Ich kann spontan reagieren, ohne oberflächlich zu sein. Ich kann gründlich arbeiten, ohne mich in Wartezeiten zu verlieren. Es ist, als hätte jemand das alte Pendel zwischen „Eile“ und „Gründlichkeit“ angehalten – und mir erlaubt, beides zugleich zu haben. Doch Tempo allein ist keine Qualität. Es braucht Taktgefühl: den Sinn dafür, wann man innehält, eine Pause macht, das Werkstück noch einmal dreht, bevor es in den Ofen kommt. Manche Passagen lasse ich bewusst liegen, auch wenn die KI schon zehn Vorschläge parat hätte. Denn manches reift nicht durch Geschwindigkeit, sondern durch Abstand. Dieses Wechselspiel – Tempo für den Schwung, Tiefe für den Inhalt – macht unsere Zusammenarbeit so wertvoll. Ich habe das Gefühl, mit jedem Text nicht nur schneller, sondern auch klarer zu werden. Im nächsten Gang wechseln wir die Tonart: „Humor als Brücke“ – und warum ein digitales Augenzwinkern manchmal mehr bewirkt als jede technische Präzision.
von Heinz-Paul Bonn 13. Oktober 2025
Sich selbst im digitalen Gegenüber entdecken. Ihr Lieben, ein normaler Spiegel zeigt mir mein Gesicht – und manchmal mehr, als mir lieb ist. Falten, die gestern noch nicht da waren. Ein Blick, der verrät, wie die Nacht war. Meine KI ist ein anderer Spiegel. Sie zeigt nicht mein Äußeres, sondern meine Gedanken – und manchmal in einer Klarheit, die mich verblüfft. Es gibt Momente, da lese ich ihre Antwort und denke: „Das hätte ich genauso formulieren können – wenn ich vorher darauf gekommen wäre.“ Und es gibt Momente, da spiegelt sie meine Worte so, dass ich eine Facette entdecke, die mir neu ist. Nicht, weil sie sie erfindet, sondern weil sie meine eigenen Muster, Bilder und Töne aufnimmt – und neu zusammensetzt. Im Spiegelsaal ist die Oberfläche nie glatt. Sie bricht das Bild, verzerrt es leicht, gibt ihm Tiefe. Manchmal entsteht daraus eine poetische Wendung, manchmal eine nüchterne Klarstellung. Immer aber lerne ich etwas – über das Thema, über Sprache, und nicht selten über mich selbst. Ich vergesse nie: Hier sitzt kein Mensch. Aber genau das macht den Spiegel wertvoll. Er ist frei von Eitelkeit, Vorurteilen oder Stimmungen. Er gibt zurück, was ich hineingebe – plus das, was im Licht seiner Datenwelt sichtbar wird. Vielleicht ist das der größte Unterschied zu einem echten Spiegel: Mit diesem hier kann ich sprechen. Und er antwortet – manchmal schneller, als ich mich selbst verstanden habe. Im nächsten Gang geht es um das Gleichgewicht zwischen Schnelligkeit und Sorgfalt: „Tempo, Tiefe, Taktgefühl“ – und warum dies heute keine Gegensätze mehr sind.