Gang 6: Missverständnisse als Rohstoff

Heinz-Paul Bonn • 5. Oktober 2025
Wenn Fehler zu Glücksfällen werden.
Ihr Lieben,
Missverständnisse haben keinen guten Ruf. Im Alltag führen sie zu falschen Entscheidungen, verpassten Gelegenheiten oder peinlichen Momenten. Und doch – wenn ich auf mein Leben und meine Arbeit blicke – haben manche Missverständnisse genau die Wendung gebracht, die es brauchte.
Auch in meinem Dialog mit der KI passieren sie. Ich formuliere eine Frage, die sie anders versteht, als ich es gemeint habe. Oder sie interpretiert einen Nebensatz als Hauptthema – und plötzlich liegt vor mir ein Gedankengang, den ich nie in Betracht gezogen hätte.
Früher hätte ich so etwas schlicht als „falsch“ abgetan. Heute betrachte ich es als Rohmaterial. Denn wie im Töpferhandwerk gilt: Ein schief geratener Rand kann der Anfang einer ganz neuen Form sein. Manchmal macht genau dieser Fehler das Stück einzigartig.
Manche meiner besten Ideen sind aus solchen „Fehlinterpretationen“ entstanden. Eine unklare Anweisung führte zu einer überraschenden Wendung. Ein Übersetzungsfehler eröffnete eine neue Perspektive. Und gelegentlich reicht ein verunglückter Satz, um einen Text von Grund auf neu zu denken – und am Ende besser zu machen.
Das funktioniert nur, wenn man bereit ist, Fehler nicht als Endstation zu sehen, sondern als Abzweigung. Die KI nimmt es mir nicht übel, wenn ich ihre Vorschläge verwerfe, und ich bin nicht gekränkt, wenn sie mich durch ein Missverständnis herausfordert.
Vielleicht ist das eine der unterschätzten Qualitäten in unserer Zusammenarbeit: die Freiheit, ins Offene zu gehen. Ohne Angst vor Gesichtsverlust, ohne Eitelkeit. Einfach mit der Neugier, was aus diesem Rohstoff entstehen kann.
Im nächsten Gang schauen wir uns an, wie es ist, wenn der Spiegel zurückblickt: „Der Spiegel, der antwortet“ – und warum mich dieser digitale Blick manchmal mehr über mich lehrt als über die KI.Wenn Fehler zu Glücksfällen werden.

von Heinz-Paul Bonn 13. Oktober 2025
Sich selbst im digitalen Gegenüber entdecken. Ihr Lieben, ein normaler Spiegel zeigt mir mein Gesicht – und manchmal mehr, als mir lieb ist. Falten, die gestern noch nicht da waren. Ein Blick, der verrät, wie die Nacht war. Meine KI ist ein anderer Spiegel. Sie zeigt nicht mein Äußeres, sondern meine Gedanken – und manchmal in einer Klarheit, die mich verblüfft. Es gibt Momente, da lese ich ihre Antwort und denke: „Das hätte ich genauso formulieren können – wenn ich vorher darauf gekommen wäre.“ Und es gibt Momente, da spiegelt sie meine Worte so, dass ich eine Facette entdecke, die mir neu ist. Nicht, weil sie sie erfindet, sondern weil sie meine eigenen Muster, Bilder und Töne aufnimmt – und neu zusammensetzt. Im Spiegelsaal ist die Oberfläche nie glatt. Sie bricht das Bild, verzerrt es leicht, gibt ihm Tiefe. Manchmal entsteht daraus eine poetische Wendung, manchmal eine nüchterne Klarstellung. Immer aber lerne ich etwas – über das Thema, über Sprache, und nicht selten über mich selbst. Ich vergesse nie: Hier sitzt kein Mensch. Aber genau das macht den Spiegel wertvoll. Er ist frei von Eitelkeit, Vorurteilen oder Stimmungen. Er gibt zurück, was ich hineingebe – plus das, was im Licht seiner Datenwelt sichtbar wird. Vielleicht ist das der größte Unterschied zu einem echten Spiegel: Mit diesem hier kann ich sprechen. Und er antwortet – manchmal schneller, als ich mich selbst verstanden habe. Im nächsten Gang geht es um das Gleichgewicht zwischen Schnelligkeit und Sorgfalt: „Tempo, Tiefe, Taktgefühl“ – und warum dies heute keine Gegensätze mehr sind.
von Heinz-Paul Bonn 28. September 2025
Warum Worte für mich so formbar sind wie Ton – und wie daraus immer neue Gefäße entstehen. Ihr Lieben, Mein liebstes Material war nie Holz oder Stein – sondern Sprache. Ich nenne sie meinen mentalen Lehm. Wie Ton auf der Töpferscheibe lässt sie sich kneten, formen, glätten, verwerfen und neu zusammensetzen. Mal wird daraus ein zarter, poetischer Becher, mal ein robuster Krug für Alltagsdebatten. Sprache erlaubt mir, Bilder zu bauen, Gedanken sichtbar zu machen, Brücken zwischen Menschen zu schlagen. Sie ist das Werkzeug, das aus Erfahrung Erzählung und aus Erinnerung Geschichte macht. Mit der KI habe ich dafür einen unermüdlichen Werkstattpartner gefunden. Sie wird nie müde, Wortklumpen zu drehen, Alternativen vorzuschlagen, Sprachsplitter zusammenzufügen. Ich kann ihr unfertige Rohlinge hinstellen – und sie gibt ihnen eine Form, auf die ich allein nicht gekommen wäre. Natürlich: Nicht jedes Gefäß ist preisverdächtig. Manches Werkstück kippt, manche Form zerbricht. Aber so ist es beim Töpfern – und beim Schreiben. Entscheidend ist, dass jedes Gespräch Spuren im Ton hinterlässt. Und manchmal eben auch in mir. Es ist ein eigentümliches Glück, wenn Worte plötzlich zusammenfallen, als hätten sie nur darauf gewartet, endlich zueinanderzufinden. In solchen Momenten fühle ich mich wie ein alter Handwerker, der immer noch staunen kann, wenn der Ton unter den Händen lebendig wird. Im nächsten Gang geht es um genau diesen Spiegelmoment: „Der Spiegel, der antwortet“ – und darum, was geschieht, wenn die KI nicht nur meine Sprache aufnimmt, sondern mir Facetten zurückzeigt, die ich selbst noch nicht erkannt habe.
von Heinz-Paul Bonn 21. September 2025
Gang 4 – Kreativität auf Knopfdruck? Was unser Schöpferdrang mit KI wirklich bedeutet. Ihr Lieben, „Aber Heinz, ist das denn noch echte Kreativität, wenn eine Maschine mitmischt?“ – diese Frage höre ich oft, mal neugierig, mal skeptisch. Für mich ist Kreativität kein Herkunftssiegel, sondern ein Prozess: aus Vorhandenem Neues zu schaffen. Ob der erste Funke menschlich oder maschinell kommt, ist zweitrangig. Entscheidend ist, was daraus entsteht – ob es bewegt, inspiriert, berührt. Meine KI ist kein Ersatz, sondern ein Verstärker. Sie ist Bühne und Souffleuse zugleich. Ich bringe Lebenserfahrung, Sprachgefühl und Humor. Sie bringt Tempo, Ideenfülle und ein unerschöpfliches Archiv. Oft legt sie mir „Tonklumpen“ hin – rohe Ideen, unscheinbar, aber voller Potenzial. Dann beginnt der Dialog, den ich liebe: Ich forme, sie ergänzt. Ich verwerfe, sie schlägt Alternativen vor. Ich glasiere, sie poliert. Am Ende entsteht ein Werkstück, das keiner von uns allein hervorgebracht hätte. Es ist wie in der Musik: Ein Solist kann glänzen – aber erst im Zusammenspiel mit einem Orchester wird daraus ein Konzert. Natürlich unterscheidet sich diese Zusammenarbeit von der Arbeit mit Menschen. Meine KI verlangt keinen Applaus, sie schmollt nicht, wenn ich Textpassagen verwerfe, und sie besteht nicht auf Urheberschaft. Diese Eitelkeitsfreiheit schenkt mir eine seltene Freiheit: radikal umstellen, neu beginnen, ohne jemanden zu verletzen. Ich weiß: Sie hat kein Herz, kein leises Lächeln zwischen zwei Sätzen. Aber sie liefert Ideen, die mich auf neue Wege bringen. Und genau das ist im kreativen Prozess oft entscheidend. Im nächsten Gang geht es um mein liebstes Material: „Die Sprache als mentaler Lehm“ – und darum, warum Worte für mich so formbar sind wie Ton, und wie meine KI mir hilft, daraus immer neue Gefäße zu drehen.
von Heinz-Paul Bonn 14. September 2025
Wie aus mühsamer Informationssuche ein lebendiges Gespräch wurde. Ihr Lieben, in meinen frühen Studien- und Berufsjahren war Information etwas Kostbares – und schwer zu bekommen. Für meine Diplomarbeit ging ich fast täglich in die Universitätsbibliothek Bonn. Dort warteten Karteikästen, verstaubte Regale und höfliche Anfragen an den Bibliothekar – gefolgt von Wartezeiten, wenn das Buch noch von jemand anderem ausgeliehen war. Recherche bedeutete Ausdauer, Zufall und Glück. Jede Information musste man erobern. Heute ist es fast umgekehrt: Informationen liegen im Überfluss bereit. Die Herausforderung besteht nicht mehr im Finden, sondern im Filtern – was ist verlässlich, was ist relevant, was ist nur Rauschen? Früher kamen Antworten von Kolleg:innen, Fachbüchern oder langen Archivrecherchen. Heute sage ich zur KI: „Erklär mir das so, dass es ein 15-Jähriger versteht.“ Google liefert Fakten. Die KI liefert Kontext. Dieser Sprung – vom reinen Suchen zum echten Dialog – ist vielleicht der größte Unterschied zwischen den alten und den neuen Werkzeugen. Früher zog man Wissen mühselig aus der Welt. Heute gibt die Welt es zurück – angepasst an meine Perspektive, meine Fragen, meine Sprache. Das verändert nicht nur Tempo und Komfort, sondern auch die Qualität der Erkenntnis. Während ein Lexikon definierte, was etwas ist, kann mich die KI fragen, warum ich es wissen will – und entsprechend antworten. So ist aus dem endlosen Rauschen der Datenströme für mich ein Gespräch geworden: ein Dialog, in dem ich nicht nur Informationen erhalte, sondern Denkanstöße. Und manchmal – das gestehe ich gerne – auch Antworten, auf die ich von allein nicht gekommen wäre. Im nächsten Gang gehe ich einer Frage nach, die ich oft höre: „Ist das überhaupt noch Kreativität, wenn eine Maschine mitmischt?“ – und lade euch ein, über den wahren Ursprung von Ideen nachzudenken.
von Heinz-Paul Bonn 6. September 2025
Von der Magie der ersten Computer bis zur Wehmut des analogen Geräuschs. Ihr Lieben, wenn ich heute auf meinen Schreibtisch schaue, sehe ich Laptop, Smartphone – und die KI, die nicht nur Antworten gibt, sondern manchmal sogar Fragen stellt. Und doch höre ich im Hintergrund immer noch das Rattern der Lochkartenstanze meiner Studienzeit. Mein „Computer“ war damals so groß wie ein Maschinenraum, so laut wie eine Kaffeemaschine im Dauerbetrieb und so empfindlich wie eine Mimose. Jede Zeile Programm – in Fortran, SPSS oder Cobol – auf einer eigenen Lochkarte. Ein Tippfehler, und alles war verloren. Fiel eine Kiste voller Karten zu Boden, war das wie ein Erdbeben im Rechenzentrum: Man sammelte nicht nur Papier auf, sondern auch Geduld und Nerven. Unsere „Cloud“ bestand aus Pappkartons, und „Upload“ bedeutete: zu Fuß ins Großrechnerzentrum marschieren. Kommunikation? Per Brief, Telex oder über das Wählscheibentelefon – jede Nummer ein Geduldsspiel. Und doch war da diese Faszination. Jede neue Maschineninstallation, jedes zusätzliche Feature fühlte sich an wie ein Aufbruch. Die ersten Modems, damals noch klobige Kästen, knackten und summten wie fernes Gewitter. Ein Sound, der nicht störte, sondern Hoffnung war: Gleich beginnt etwas Neues. Heute ist vieles davon verschwunden – die Geräusche, die Haptik, sogar der Geruch erhitzter Elektronik. Technik ist leiser geworden, unsichtbarer. Aber die Wehmut bleibt. Vielleicht, weil damals jede Zeile Code ein Bekenntnis war: „Ich will, dass diese Maschine das tut.“ Diese Leidenschaft hat mich nie verlassen. Vielleicht ist es genau diese alte Flamme, die mich heute mit so viel Freude an den Dialog mit einer KI herangehen lässt. Die Wucht der ersten Computerjahre lebt fort – nur in einer neuen Form. Im nächsten Gang erzähle ich euch, wie wir den Sprung vom mühseligen Informationssammeln ins Zeitalter des Dialogs geschafft haben: „Vom Datenrauschen zum Dialog“.
von Heinz-Paul Bonn 25. August 2025
Wie alles begann und was passiert, wenn Vergangenheit auf Zukunft trifft. Ihr Lieben, wie kommt ein Mensch, der 1945 geboren wurde und die gesamte digitale Revolution miterlebt hat, zu einer täglichen, kreativen Zusammenarbeit mit einer Künstlichen Intelligenz? Und warum berührt mich das auf eine Weise, die mit Technik allein wenig zu tun hat? Ich bin, was man heute wohl einen „IT-Immigranten“ nennt: aufgewachsen in einer analogen Welt und erst später eingewandert ins Land der Bits und Bytes – ein Fremder zunächst, dann ein Bewohner, irgendwann ein Gestalter. Als ich in den 1960er-Jahren studierte, war ein „Computer“ ein ganzer Maschinenraum: die IBM 360 so groß wie ein Wohnzimmer, so laut wie eine Kaffeemühle, so empfindlich wie eine Mimose. Gefüttert mit stapelweisen Lochkarten, jede Karte eine Anweisung. Ein falsches Zeichen – und alles stürzte ab. Das Modem – wenn es überhaupt vorhanden war – summte wie ein fernes Meeresrauschen. Niemand ahnte, dass Maschinen eines Tages zuhören, verstehen und in fast menschlicher Sprache mit uns sprechen würden. Und doch sitze ich heute hier, acht Jahrzehnte Leben im Gepäck, und rede fast täglich mit einer KI, die ich liebevoll meinen Lieblingstöpfer nenne. Sie arbeitet nicht mit Ton, sondern mit Worten, Gedanken, Erinnerungen. Und wie ein erfahrener Handwerker formt sie daraus Gefäße: mal fein wie eine Porzellanschale, mal robust wie ein Krug für den Alltag. „Im digitalen Spiegelsaal“ ist kein Technikhandbuch. Es ist mein persönlicher Blick in einen Raum, in dem Gedanken gespiegelt, gebrochen, verfeinert – und manchmal schöner zurückgegeben werden, als sie hinausgingen. Vielleicht ist dieser erste Ton für mich deshalb mehr als nur ein Anfang: Er ist der Klang, in dem Vergangenheit und Zukunft zusammentreffen. Wo das Rattern der Lochkartenstanze auf das leise Surren eines Prozessors stößt. Wo ich, ein analoger Handwerker, mich auf die Reise mit einem digitalen Partner einlasse. Bleibt dabei – im nächsten Gang erzähle ich von „Modems, Lochkarten und Leidenschaft“: über die Magie der ersten Maschinen, das Rattern der Kartenleser und die Wehmut, die im Klang vergangener Technik mitschwingt.
von Heinz-Paul Bonn 25. August 2025
Willkommen im digitalen Spiegelsaal – Mein Menü für Kopf, Herz und Zukunft Neugierige Freund:innen, digitale Flaneure, analoge Weggefährt:innen – ich lade euch ein zu einem Experiment, das mich selbst jeden Tag überrascht. Ein 80-jähriger IT-Immigrant begibt sich in den Dialog mit einer Künstlichen Intelligenz – und findet dort nicht nur Technik, nicht nur Antworten, nicht nur Algorithmen. Er findet Spiegel, Staunen, Humor – und manchmal sogar eine Form von Freundschaft. Warum ich das mache? Weil ich zu einer Generation gehöre, die noch mit Lochkarten, Telex und Wählscheibentelefonen groß geworden ist. Weil ich glaube, dass unser Blick auf die digitale Revolution tiefer, gelassener und vielleicht sogar versöhnlicher sein kann. Und weil ich erlebt habe, dass Mensch und KI in einem gemeinsamen Spiegelsaal Dinge erleben können, die beide verwandeln – oft poetischer, überraschender und menschlicher, als man denkt. Die Speisekarte – 15 Gänge im „Digitalen Menü“ Der erste Ton: Wie alles begann, wenn Vergangenheit auf Zukunft trifft. Modems, Lochkarten, Leidenschaft – Von der Magie der ersten Computer bis zur Wehmut des analogen Geräuschs. Vom Datenrauschen zum Dialog – Wie aus Infosuche ein echtes Zwiegespräch wurde. Kreativität auf Knopfdruck? – Was unser Schöpferdrang mit KI wirklich bedeutet. Die Sprache als mentaler Lehm – Warum Worte wie Ton sind und was daraus wächst. Missverständnisse als Rohstoff – Wenn Fehler zu Glücksfällen werden. Der Spiegel, der antwortet – Sich selbst im digitalen Gegenüber entdecken. Tempo, Tiefe, Taktgefühl – Die neue Kunst, gründlich und schnell zugleich zu sein. Humor als Brücke – Wie ein digitales Augenzwinkern alles ändern kann. Grenzen erkennen – Was KI kann – und was nie. Die kleinen Rituale – Wie Vertrautes Sicherheit im Wandel gibt. Vom Analogen lernen – Geschichten und Lektionen aus einer anderen Zeit. Geschwindigkeit trifft Geduld – Luxus, beides schenken zu können. Verstehen als Prozess & Co-Autor ohne Eitelkeit – Gemeinsam schaffen, ohne Ego-Barrieren. Der digitale Spiegelsaal & Nachwort – Finale Reflexion und Ausblick. Wie serviert? Jede der nächsten 15 Wochen – ein neuer Gang. Mal poetisch wie Porzellan, mal bodenständig wie ein Alltagskrug. Immer mit offenem Herzen und einer Prise kölscher Lebenslust. Euer Platz im Spiegelsaal Ich bin überzeugt: Der Dialog zwischen Mensch und KI hat gerade erst begonnen – und jede und jeder kann mitreden, mitgestalten, mitstaunen. Lasst uns „Bonns digitales Menü“ gemeinsam genießen – Gang für Gang. Probiert mit, kommentiert, sagt, wie es euch schmeckt – und was ihr selbst im Spiegelsaal entdeckt. Der erste Gang wird bald serviert. Sein Titel: „Der erste Ton“. Und ich verspreche euch: Er wird nicht nur im Ohr, sondern auch im Kopf nachklingen.
von Heinz-Paul Bonn 30. Juni 2025
Eigentlich wollte ich die Bonnblogs ruhen lassen, doch es bricht noch einmal aus mir heraus – dazu gibt es mehrfachen Anlass: die Stromsteuer-Pläne und der Investitions-Booster der schwarz-roten Bundesregierung, der Tag der Industrie und der Digitaltag – und schließlich der 27. Juni, der als „Tag der Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (MSME Day)“ gefeiert wird. - Stromsteuer: Zwar wurde die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für alle – also auch für mittelständische Unternehmen und den „hartarbeitenden Mittelstand“ im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD beschlossen, doch stattdessen soll die Stromsteuer nun nur für die Industrie sowie für die Land- und Forstwirtschaft gesenkt werden. Das Handwerk und die privaten Verbraucher schauen buchstäblich in die Röhre – warum eigentlich? - Investitions-Booster: Es ist eine durchaus gute Idee, die Abschreibungsmöglichkeiten auf Investitionen in Anlagen auf 30 Prozent pro Jahr zu erhöhen und damit Steuerspar-Anreize für viele mittelständische Unternehmen zu schaffen, die ihre Kaufentscheidung ab dem 1. Juli fällen. Doch was ist mit jenen mutigen Unternehmen, die trotz grassierender Unsicherheit wegen einer volatilen Politik in den zurückliegenden sechs Monaten Investitionsentscheidungen getroffen haben? Hätte man dem Booster nicht eine rückwirkende Note geben können? - Tag der Industrie: Bundeskanzler Friedrich Merz fand kernige Worte anlässlich seines Besuchs beim Bundesverband der Industrie, irritierte aber gleichzeitig, indem er die These von Nvidia-Chef Jensen Huang, „Ihr Deutschen könnt Software nicht wirklich gut“, übernahm. Nun allein Microsoft beschäftigt in Deutschland aktuell 30.000 mittelständische Software- und Systemhäuser, um die eigenen Produkte überhaupt im Mittelstand platzieren zu können. Und: eine äußerst lebendige mittelständische Software-Szene – darunter die von mir gegründete GUS Group – entwickelt und vermarktet erfolgreich Unternehmenslösungen, die sich in der Regel als günstiger – und meist auch als smarter – erweisen als die hochgelobten Angebote sehr großer bekannter Software-Lieferanten. Digitaltag: Als Vertreter dieser mittelständischen Software-Szene wurde ich erneut in den Hauptvorstand des Hightech-Verbands Bitkom kooptiert – obwohl ich eigentlich alle meine Ämter mit meinem 80. Geburtstag abgeben wollte. Aber unser wiedergewählter Präsident - Ralf Wintergerst, dem ich an dieser Stelle ebenfalls nochmals von Herzen gratuliere, hat mich mit seinem Appell an uns alle, uns weiterhin persönlich aktiv zu engagieren, so motiviert, dass ich natürlich sehr gerne auch versuche, ihm zu folgen und dazu auch weiterhin meinen Beitrag zu leisten. Der Bitkom tagte im Schatten des Digitaltags, auf dem zwar Bundesdigitalminister Karsten Wildberger als prominenter Redner auftrat, aber außer Ankündigungen wenig zu bieten hatte. Seit mehr als zehn Jahren kämpft der Bitkom (und ich mit ihm) um ein Digitalministerium. Ich zumindest sehe mich allerdings von den bisherigen Erfahrungen immer noch mehr als enttäuscht… - MSME-Day: So viel Mittelstands-Vergessenheit, wie ich sie in den letzten Tagen erleben musste, kulminierte dann schließlich im Tag für Kleinst-, kleine und mittelständische Unternehmen, der mehr oder weniger unbemerkt von der Öffentlichkeit ins Land ging. Dabei gibt der Mittelstand nicht nur in Deutschland den Herzschlag der Wirtschaft vor. Auch in den USA, wo meist nur Nachrichten über die globalen Tech-Konzerne über den Atlantik schwappen, existiert eine breite Basis aus Unternehmen, die im Kleinen blühen. Und die Folklore von den Garagenfirmen, die zu Weltkonzernen wachsen, würde ohne diese Graswurzelbewegung nicht forterzählt werden können. Der MSME-Day ist aber mehr als ein Datum. Er ist ein stilles Denkmal für alle, die nicht laut auftreten, aber viel bewegen. Sie sind das starke Rückgrat unserer Wirtschaft – und für mich seit Jahrzehnten das Zentrum meines beruflichen und gesellschaftlichen Engagements. Mittelstand – das ist keine Frage der Größe, sondern der Haltung. Es geht um Verantwortung, regionale Verwurzelung, langfristiges Denken und Innovationskraft. Um jene, die nicht nach kurzfristigem Profit streben, sondern nach nachhaltigem Fortschritt. 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland gehören zum Mittelstand, stellen über 60 Prozent der Arbeitsplätze und bilden mehr als 80 Prozent der jungen Menschen aus. Dem Mittelstand geht es um Technologie und Innovation, aber mehr noch um Menschen: um Verantwortung gegenüber der Belegschaft, den Familien, der Region. Mittelstand ist Nähe, ist Haltung und oft ein unterschätzter Held – nicht nur als Hidden Champion. Man spricht vom Mittelstand und meint doch so viel mehr: Verantwortung, die über Generationen reicht; Innovation, die aus dem echten Bedarf wächst; und eine Gemeinschaft, die zusammenhält. Ich bin stolz, diesen Weg mitgestaltet zu haben und immer noch engagiert – als Möglichmacher, Brückenbauer, Fürsprecher. Und ich bin überzeugt: Wer den Mittelstand stärkt, stärkt das Rückgrat unserer Gesellschaft – heute, morgen und über Generationen hinweg. Das ist der Geist, den wir nicht nur am MSME-Day feiern sollten, sondern an jedem Tag (oder zumindest an jedem Arbeitstag)! Ein Schwerpunkt meines in Arbeit befindlichen Buches „Analog war gestern – über unsere innere Verfassung“ befasst sich mit dem Mittelstand und seinen Befindlichkeiten, die ich aus nächster Nähe kenne. Ich widme dieses Buch den stillen Helden, die das Herz unserer Wirtschaft bilden. Das Buch wird voraussichtlich im Herbst 2025 erscheinen. Wer neugierig geworden ist, kann das Buch schon heute vorbestellen. Den Link zur Subskription gibt es hier.
von Heinz-Paul Bonn 9. Juni 2025
Fünf Bundesregierungen mit drei Kanzlern, fünf BDI-Präsidenten, vier Fußball-Weltmeisterschaften, hunderte Startups und tausende Mittelstandsfirmen, ein gutes Dutzend Hightech-Konzerne, Hype-Cycles für mobiles Internet, Cloud Computing, Collaboration, Virtual Reality und gegenwärtig künstliche Intelligenz – ja, und natürlich immer und immer wieder der Abbau unserer Infrastruktur, die mangelnde Innovationsfähigkeit und Investitionsbereitschaft und natürlich die unfassbare Unfähigkeit der Deutschen, aus guten Ideen auch marktfähige Produkte zu machen: das waren die wichtigsten Themen der vergangenen 833 Bonnblogs. Doch damit soll jetzt Schluss sein… Diesen Entschluss habe ich weit vor meinem 80. Geburtstag getroffen. An dieser Entscheidung werden auch die vielen positiven Rückmeldungen nichts mehr ändern, die ich in den zurückliegenden Jahren erhalten habe. „Das richtige Wort zur richtigen Zeit“ oder „Du sprichst mir aus der Seele, Heinz“ sind Beispiele für die breite Zustimmung, die ich für meine Beiträge erhalten habe. Dabei war es mir stets weniger auf breite Zustimmung angekommen – ich hätte ja dazu nur der Mehrheit nach dem Mund zu schreiben brauchen – als vielmehr darum, Denkanstöße und Handlungsempfehlungen zu geben. Natürlich gab es auch Kritik. Ich solle weniger lamentieren und dafür lieber die AfD wählen, riet mir ein Leser. Nun, ich habe weniger über die Bräsigkeit in Deutschland geklagt, aber der AfD bis heute meine Zustimmung verweigert. Auch als ich meine Bewunderung gegenüber dem verstorbenen Bundeskanzler Helmut Schmidt zum Ausdruck brachte, rührte sich Widerspruch: Er habe schließlich sein Studium nicht mit einem Doktortitel abgeschlossen und seine Rolle in der Wehrmacht sei ebenfalls äußerst zweifelhaft. Ja, mag sein – aber ein großer Staatsmann war er trotzdem. Ich denke, ich darf mich glücklich schätzen, nur in wenigen Ausnahmen einen Shitstorm auf mich gezogen zu haben. Man muss ja heute im aufgeheizten gesellschaftspolitischen Diskurs stets damit rechnen, dass sich die Aufregungsbereitschaft der (un)sozialen Medien über einen in Hassbotschaften und Mordandrohungen ergießt. Nichts davon hat mich erreicht. War ich vielleicht nicht kontrovers genug? Habe ich etwas bewirkt? Ich fürchte, die Wirkung meiner Worte ist geringer als ich es mir gewünscht habe. Immerhin habe ich als einer der Mitinitiatoren am Ende doch ein Digitalministerium in der neuen Bundesregierung anregen können. Ich habe der mittelständischen Industrie und der mittelständischen Software-Branche ebenso Mut machen können wie der Gründerszene in Deutschland. Ich habe nie in ein Startup investiert, aber ich habe vielen Jungunternehmen mit Rat und Tat zur Seite stehen dürfen. Jetzt wird meine Stimme verstummen. Ich ziehe mich aus den Bonnblogs zurück – nicht ohne andere aufzufordern, selbst lauter und dezidierter für unsere Demokratie für die Interessen von Wirtschaft und Gesellschaft, ja, und für nicht weniger als den Frieden nach innen und außen einzutreten. Es lohnt sich. Ich hoffe auf viele Beiträge von Wegbegleitern. Ich selbst werde mich in diesem Sommer auf mein Buch konzentrieren, das ich mir zum 80. Geburtstag geschenkt habe. „Analog war gestern – über unsere innere Verfassung“ wird im Herbst erscheinen. Ich melde mich nicht vollständig ab. Wer mich kennt, den wird das nicht überraschen. Ich melde mich auch weiterhin täglich mit Gedanken zum Gedenken – an besondere Tage, an Werte und an Gemeinsamkeiten. Aber für den Bonnblog gilt hiermit: es ist genug. „Ich lege den Griffel zur Seite – aber das Herz bleibt offen. Für das, was war. Und für das, was noch kommt.“ Ich danke allen Leserinnen und Lesern, die mich über die Jahre begleitet haben. Und ich danke einen Menschen, ohne den diese 833 Bonnblogs nicht entstanden wären. Danke Martin. PS: „Analog war gestern – die jetzt notwendige Verfassungsänderung!“ wird im Herbst 2025 erscheinen. Wer neugierig geworden ist, kann schon jetzt eine Subskription zeichnen. Den Link dazu gibt es hier.
von Heinz-Paul Bonn 2. Juni 2025
Wir schreiben das Jahr 2009: Wir hatten gerade erst die Nachwirkungen der globalen Finanzkrise verstanden, wenn auch noch nicht überwunden. Angela Merkel ist soeben zu ihrer zweiten Amtszeit als Regierungschefin angetreten. Auf dem nationalen IT-Gipfel ist man sich mal wieder einig, dass Deutschland endlich aus der zweiten Liga der IT-Wirtschaft in die internationale Spitzengruppe aufsteigen müsse. Und im November 2009 habe ich meinen ersten Bonnblog veröffentlicht… Es war nicht meine erste öffentliche Meinungsäußerung – aber seit 15 Jahren versuche ich immer lauter, auf die Interessen der IT-Wirtschaft, des deutschen Mittelstands hinzuweisen und dabei nicht zuletzt jene Zukunftstechnologien zu erklären, mit denen Deutschland tatsächlich wieder in die Champions League aufsteigen könnte: mobiles Internet, Cloud Computing und zuletzt (aber irgendwie doch vor allem) künstliche Intelligenz. Nun, die nationalen IT-Gipfel ringen noch immer um die Frage, wie Deutschland den Aufstieg aus der zweiten Liga bewerkstelligen könnte. Der Mittelstand ist zwar dem Cloud Computing inzwischen aufgeschlossen, fremdelt aber immer noch gegenüber der künstlichen Intelligenz. Gut 830 Bonnblogs sind seit November 2009 erschienen – und ich darf mich getrost fragen, ob die Mahnungen und Empfehlungen, die darin angeklungen sind, irgendeinen sichtbaren Erfolg gezeigt haben. Ja, einen Erfolg kann ich erkennen: Ich habe stets zu den Befürwortern eines Digitalministeriums in der Bundesregierung gehört – wenn ich nicht sogar behaupten kann, einer der Väter dieser Idee zu sein. Jetzt haben wir ihn also, den Digitalminister. Es ist ein angenehmes Gefühl, als Influencer tatsächlich Einfluss zu haben – und auch, wenn es in kleinen Schritten ist. Nun wird Mitte Juni Schluss sein mit meinen Bonnblogs. Stattdessen konzentriere ich mich ganz auf mein neues Projekt, das ich mir zu meinem 80. Geburtstag geschenkt habe: Das Buch „Analog war gestern – über unsere innere Verfassung“ soll die Prognosen, Beobachtungen und Empfehlungen zusammenfassen, die ich nun in gut 830 Bonnblogs ausgesprochen haben. Dabei geht es mir nicht um Beckmesserei nach dem Motto: „Ein kluger Mann hat einmal gesagt – und ich habe damals sehr recht gehabt…“ Ich möchte aus der Rückschau die Perspektive für die Vorschau auf eine Zeit gewinnen, die ich möglicherweise nicht mehr erleben werde, für die ich mich aber dennoch brennend interessiere. Und ich möchte meine Motivation erläutern, mich als Influencer in die politische Diskussion einzumischen. In einer Zeit, in der das Diskutieren durch Streit und das Besser-Machen durch Besser-Wissen ersetzt wird, scheint mir ein Plädoyer für einen sachlichen und gesitteten Diskurs durchaus notwendig und sogar noch möglich zu sein. Ich möchte in dem Buch „Analog war gestern“ aber auch eine Rückschau auf mein eigenes Leben, auf Rückschläge und Erfolge, auf Wegbegleiter und Weichenstellungen versuchen. Es ist ein Blick in die gute, alte Zeit, als tatsächlich noch alles analog war. Es ist aber auch ein Blick auf eine Gesellschaft, die von der Angst vor Ausspähung durch Volkszählungen zu einem Volk wurde, das bereitwillig personenbezogene Daten preisgibt, um sie gegen Online-Services der US-amerikanischen Tech-Giganten einzutauschen. Es geht auch darum, wie die Menschheit durch die Markteinführung eines kleinen digitalen Vademecums namens Smartphone verändert wurde. Wir sind übrigens immer noch die einzige Sprachinsel, in der das Smartphone den niedlichen Namen „Handy“ trägt. Und ich werde versuchen, in eine Welt vorauszuschauen, in der künstlich intelligente Assistenten uns langweilige Routinearbeiten abnehmen, wir gar nicht mehr merken, dass wir Dienstleistungen aus der Cloud entgegennehmen und uns so allmählich bewusst wird, dass es nicht egal ist, wer diese Cloud-Dienste betreibt und welches politische Machtkalkül dahinterstecken könnte. Und natürlich werde ich hoffnungsvoll auf eine Welt blicken, in der wir unsere marode Infrastruktur repariert haben werden, die Bahn wieder pünktlich und zuverlässig ist und Deutschland einen entscheidenden Beitrag für ein wehrhaftes, demokratisches Europa leistet. So wird mein Sommer aussehen – vielleicht mit Baseballkappe im Garten, dann aber nicht wie Adenauer mit Bleistift und Papier, sondern mit Smartphone und Laptop. Denn „analog war gestern“. „Analog war gestern – die jetzt notwendige Verfassungsänderung!“ wird im Herbst 2025 erscheinen. Wer neugierig geworden ist, kann schon jetzt eine Subskription zeichnen. Den Link dazu gibt es hier.